Donnerstag, 21. Mai 2009
08. Fahrschule Teil 2
willo, 00:13h
Hey Leute!
Wenn mein Mitbewohner endlich aufhoert Blockfloete zu spielen, kann ich auch anfangen meine Gedanken zu ordnen und den Bericht ueber die letzten Tage zu schreiben…
Er sitzt auf gepackten Koffern in der Kueche und wartet auf seinen Zug, zu dem ich ihn unter Umstaenden gleich noch fahren werde. Eine letzte nette Geste sozusagen, denn er zieht heute aus.
Seine Frage, ob ich ihn vielleicht auch nach Brooklyn fahren wuerde, musste ich leider verneinen… Das waer dann wirklich zu viel Freundlichkeit fuer einen Typen, dem ich nur ein paar mal Hallo gesagt hab. Findet ihr nicht?
So, dass sanfte Gebimmel des Eiswagens in unserer Strasse ist genau die richtige Begleitung fuer den ersten Teil meines Berichtes.
Das Wochenende hab ich entspannt und ohne viel Aufregung hier in Port Jefferson verbracht. Als ich versuchte den sonnigen Samstag am Strand zu verbringen hinderte mich ein Parkverbot daran, dass sich auf ein gesamtes Dorf bezog!Wirklich wahr! Ich konnte das Wasser schon durch das geoeffnete Fenster meines Dodge riechen, durfte aber per Gesetz nicht anhalten um es mir anzusehen… Ihr habt richtig gelesen! Ich darf den Autowagn noch behalten! Und am 28.05. soll dann endlich mein zukuenftiger Ford Taurus wieder in der Stadt sein! Ole Ole!
So musste ich also wieder an den kleinen Seglerhafen von Port Jeff zurueck, den ich langsam wirklich lieb gewonnen habe und den ich seit dem Tag auch noch ein paar mal besuchen durfte.
Einige von euch hatten sich Anfang der Woche ueber meine Skype message gewundert: “Willo under Racoon attack”.
Das kam so:
Ich wollte Sonntag ueber die kleine Veranda hinter der Kueche runter in die Waschkueche, um eine Waschmaschine anzustellen. Dabei fiel mir auf, dass das halbe Sauerbrot, das ich tags zuvor noch in den Muell gefeuert hatte, weil ich nicht wusste, dass man sowas ueberhaupt backen kann, sich komplett ueber die Veranda verteilt hatte. “Was that you??” fragte Fabio, der auf einmal hinter mir in der Kueche stand. Nagut, meinte er, dann war es bestimmt wieder der Waschbaer (engl.: racoon), der seit langem in unserem Urwald-Garten wohnt und wegen dem immer grosse schwere Steine auf den Muelltonnen liegen muessen… Zuerst dachte ich: Verdammter Rumtreiber! Jetzt darf ich den ganzen Mist hier wieder aufsammeln! Doch dann fiel mir ein, warum er soviel vom Brot uebergelassen hatte:
Die zugebundene Muelltuete war draussen zwischengelagert worden und roch fuer den kleinen Racker bestimmt nach einer lohnenden Mahlzeit. Er ist also alle ca. 14 Stufen der Veranda hochgekrackselt, nur um nach freudigem Aufreissen der Tuete wie ein 5 jaehriger am Heiligen Abend in mein juedisches Sauerbrot zu beissen. Das hatte ich gekauft, weil es eines der wenigen Brote im 200 Fuss langen Brotregal des Supermarktes war, das nicht die Konsistenz von Spongebob hatte. Man stelle sich also den Unmut dieses kleinen Streuners vor, und schon empfindet man eine gewisse Sympathie fuer den unglaublichen Wahnsinn, den er daraufhin mit dem Brot und allem anderen anstellte, was sich noch im Muellbeutel befand.
Also ist mein Ziel fuer die naechsten Wochen ihn einmal zu Gesicht zu bekommen, um ihn dann mit einem freundschaftlichen Nicken und einem beidseitigen Augenzwinkern wieder in das Unterholz des Dschungels hinter unserem Haus verschwinden zu lassen.
Montag bekam ich beim Telefonat mit meiner Versicherungstante den Tipp, dass hier im Port Jeff Village Center ein ‘Defensive Driving Course’ stattfinden wird, der mir 10% an meiner Premie spart! Der Kurs fand in diesem Gebaeude
direkt am Hafen und keine 5 Minuten von meiner Haustuer statt und sollte fuer 6 Std. an zwei Abenden nur 28 Dollar kosten.
Zack! Angemeldet und sogleich das Schlimmste erwartet! Vielleicht wuerde es ja ein weiterer vergnueglicher und kurzweiliger Abend mit jeder Menge blutigen Unfallvideos und einem herzlichen Wiedersehen mit John (aka Jim), dem nuschelnden Besoffski und dem grauen Steroid-Junkie geben!
Verdammt! Gut, dass ich nicht so viel Zeit hatte, mich auf dieses Ereignis zu freuen!
Ich bin also puenktlich von Festo abgehauen, hab mich zu Hause kurz aus der ersten Geige geschaelt und schon sass ich wieder im Dodge und liess ihn den Berg runter Richtung Hafen blubbern.
Am Telefon hatte man mir nahegelegt aufgrund meiner verspaeteten Anmeldung lieber etwas frueher da zu sein. Also war ich wieder mal der erste…
Das Village Center ist eine Mischung aus Galerie, Museum und Veranstaltungsgebaeude. An den vielen offenen Tueren standen Schilder, die die gesamte Palette einer gut sortierten Volkshochschule abdeckten - von Yoga bis Debattierkurse gab es alles.
Der fuer meinen Kurs vorgesehene Raum lag im dritten Stock und die bis zum Boden reichenden Fenster zeigten genau in Richtung Bucht. So vertrieb ich mir also die naechsten 10 Minuten damit, mir den wunderschoenen Sonnenuntergang ueberm Hafen anzugucken. Man kann wirklich schlechter warten…
Der naechste der kam, war ein etwas kleinerer Mann mit Aktentasche und Schnauzbart. Nachdem wir die amerikanische Begruessungszeremonie abgehakt hatten, schaute ich wieder aus dem Fenster und er began damit, am Fernseher rumzubasteln. Keine 3 Minuten spaeter kam dann mein neuer Kumpel Reshe (oder so). Ein etwas verschwitzter und geduckt gehender Osteuropaeer, der seine Unsicherheit in diesen unbekannten Gefilden nicht verbergen konnte. Seinen andauernden Fragen hatte ich aber zu verdanken, dass ich herausfand, in welchen Buero ich meine Startgebuehr bezahlen musste.
Unser baertiger sizilianischer Lehrer namens Chuck Perrone (gesprochen Peroni) verteilte Hefte und Formulare auf allen Tischen und ich began mich zu wundern, ob er wirklich so viele Leute erwartete. Freak overload! Das konnte ja heiter werden…
Und tatsaechlich fuellte der Raum sich langsam mit allerlei normalen Gestalten jenseits der 50. Ich sollte in diesem Kurs wohl der juengste Teilnehmer des Feldes werden. Alle wurden von Chuck freundlich und mit genau der richtigen Menge an smalltalk und halbwitzigen Spruechen begruesst, ueber die meist nur er selber herzlich und ziemlich laut lachte. Neben mir nahm ein ergrauter Mexikaner mit seiner Frau Platz, mit denen ich mich an diesen beiden Tagen noch das eine oder andere mal ganz nett unterhalten hab. Angeblich kannte sie mich irgendwoher… Das konnte aber einfach nicht stimmen. Er hatte jedenfalls die Schwingen der Airforce mit der Unterschrift *AIRBORN* auf seinen rechten Oberarm taetowiert. Ich musste ziemlich oft an TopGun denken, waehrend dieser 6 Stunden.
Es sollte nun also losgehen.
Das erste was Chuck von sich gab, nachdem sich seine Miene verfinsterte, war, dass wir gar nicht erst anfangen sollten zu glauben, dieser Kurs wuerde auch nur das kleinste bisschen mit den 5 stuendigen Weicheierkursen zu tun haben, in denen man ein paar Filme aus dem letzten Jahrhundert gezeigt bekommt und in denen nichts passiert, ausser der Beleidigung des Intellekts.
Pow!
Das sass! Alles guckte sich verstolen um… Nur ich laechelte leicht in mich hinein.
Chuck – NYPD Officer a.D., ehemaliger Gefaengniswaerter, Personenschuetzer des Prinzens vom Brunei und einer der ersten Helfer am Ground Zero – hatte mit einer rhetorischen Finesse erreicht, was er wollte. Man hoerte ihm zu.
Was folgte war ein ziemlich lockerer Kurs, in dem Chuck die Leute bei der Stange hielt, indem er sie immer wieder mal etwas fragte und ziemlich viele Meter durch den Raum machte.
Wer von uns erinnert sie nicht an die vielen Schulstunden, in denen der Lehrer die Klasse etwas vermeintlich Einfaches fragte und jeder mit den Jahren so seine eigene Technik entwickelte, ploetzlich und sagenhafterweise zu versuchen, praktisch unsichtbar zu sein, um ja nicht dranzukommen? Ohne sich auch nur im geringsten mit der Frage an sich auseinanderzusetzen.
Nicht so in diesem Kurs. Die reiferen Mitbuerger jeglicher Herkunft und gesellschaftlicher Stellung schnipsten mit den Fingern wie 6 Jaehrige im Wettstreit um den naechsten Lehrersticker in ihrem Hausaufgabenheft, nur um mit Stolz aufgerichtet und einer kleinen Atempause (schliesslich hatte man 5 Minuten versucht Chucks Aufmerksamkeit mit allerlei Roecheln und Husten auf sich zu lenken) von seinen gefaehrlichen Abenteuern im US Strassenverkehr zu berichten.
Freunde? Fuer diese Show haette man auch wirklich mehr nehmen koennen als 28$. Soviel steht mal fest!
Erinnert ihr euch noch an meinen Kumpel Reshe von vorhin? In einer 10 minuetigen Pause in der alle losrannten, um den Soda- und Suessigkeitenautomat im Ergeschoss zu pluendern, schaffte er es mir mit seiner fortwaehrenden Frageerei ein Gespraech anzuhaengen.
Er fragte mich also aus, was ich so mache und woher ich komme und als ich dann nicht anders konnte, als ihn nach seinem Beruf zu fragen, fing er an so geheimnisvoll in seiner gehaekelten Weste zu kramen wie der Typ aus der Sesamstrasse, der Groby ein A verkaufen will. Pschschschsch,...leise!
Wie in der “mein Haus – mein Auto – meine Yacht”-Werbung knallte er mir dann sogleich und in schneller Folge zwei Visitenkarten auf den Tisch. Er war also Grundstuecksmakler und Autoverkaeufer in Personalunion! Nicht uebel! Als ich ihm in meinen Augen ziemlich freundlich mitgeteilt hatte, dass ich hier weder Haus noch Auto suchte, sammelte er die Karten schnell wieder ein und zog sich rueckwaerts mit vielen Verbeugungen zurueck.
Ich geb zu, ich war irritiert…
Der Rest des Kurses und auch der zweite Teil am darauffolgenden Dienstag verliefen ohne weitere Zwischenfaelle. Man kann sagen, dass dieser Kurs zwar anders, aber nicht weniger unterhaltsam war, als der letzte.
Hier machste was mit.
Morgen steht ja bei euch Vatertag an! Die Amis im Buero waren begeistert von diesem deutschen Feiertag und zugleich kam wieder einmal die Diskussion auf, wie unfair es doch sei, dass die Deutschen so granaten viele Urlaubstage haben. Einen Tag damit zu verbringen mit einem Bollerwagen voll Schnapps und Bier durch die Gegend zu ziehen stiess hier jedenfalls auf grosse Zustimmung!
Kommendes Wochenende will mein Mitpraktikant Cornelius mit einem Kumpel und dem Auto nach Washington DC fahren. Montag ist Memorial Day und ein grosses Bikertreffen wird diese Stadt aus allen Naeten platzen lassen. Das ist noch das einzige, was mich davon abhaelt, sofort zuzusagen.
Wir werden sehen, was passiert.
Puenktlich zum Ende dieser Arbeitswoche soll auch die neue Digitalkamera eintreffen. Das wuerde passen.
Ich wuensche euch allen ein tolles und entspanntes Partywochenende!
An Gecksen aus Hamburg nochmal Glueckwuensche zum Diplomwirtschaftsing. und schoene Gruesse an Rantzow die alte Eule, mit dem ich auch nachts noch wunderbar chatten kann und der mich immer mit guter Musik versorgt! ;)
*Gute Nacht!*
Euer Willo
Wenn mein Mitbewohner endlich aufhoert Blockfloete zu spielen, kann ich auch anfangen meine Gedanken zu ordnen und den Bericht ueber die letzten Tage zu schreiben…
Er sitzt auf gepackten Koffern in der Kueche und wartet auf seinen Zug, zu dem ich ihn unter Umstaenden gleich noch fahren werde. Eine letzte nette Geste sozusagen, denn er zieht heute aus.
Seine Frage, ob ich ihn vielleicht auch nach Brooklyn fahren wuerde, musste ich leider verneinen… Das waer dann wirklich zu viel Freundlichkeit fuer einen Typen, dem ich nur ein paar mal Hallo gesagt hab. Findet ihr nicht?
So, dass sanfte Gebimmel des Eiswagens in unserer Strasse ist genau die richtige Begleitung fuer den ersten Teil meines Berichtes.
Das Wochenende hab ich entspannt und ohne viel Aufregung hier in Port Jefferson verbracht. Als ich versuchte den sonnigen Samstag am Strand zu verbringen hinderte mich ein Parkverbot daran, dass sich auf ein gesamtes Dorf bezog!Wirklich wahr! Ich konnte das Wasser schon durch das geoeffnete Fenster meines Dodge riechen, durfte aber per Gesetz nicht anhalten um es mir anzusehen… Ihr habt richtig gelesen! Ich darf den Autowagn noch behalten! Und am 28.05. soll dann endlich mein zukuenftiger Ford Taurus wieder in der Stadt sein! Ole Ole!
So musste ich also wieder an den kleinen Seglerhafen von Port Jeff zurueck, den ich langsam wirklich lieb gewonnen habe und den ich seit dem Tag auch noch ein paar mal besuchen durfte.
Einige von euch hatten sich Anfang der Woche ueber meine Skype message gewundert: “Willo under Racoon attack”.
Das kam so:
Ich wollte Sonntag ueber die kleine Veranda hinter der Kueche runter in die Waschkueche, um eine Waschmaschine anzustellen. Dabei fiel mir auf, dass das halbe Sauerbrot, das ich tags zuvor noch in den Muell gefeuert hatte, weil ich nicht wusste, dass man sowas ueberhaupt backen kann, sich komplett ueber die Veranda verteilt hatte. “Was that you??” fragte Fabio, der auf einmal hinter mir in der Kueche stand. Nagut, meinte er, dann war es bestimmt wieder der Waschbaer (engl.: racoon), der seit langem in unserem Urwald-Garten wohnt und wegen dem immer grosse schwere Steine auf den Muelltonnen liegen muessen… Zuerst dachte ich: Verdammter Rumtreiber! Jetzt darf ich den ganzen Mist hier wieder aufsammeln! Doch dann fiel mir ein, warum er soviel vom Brot uebergelassen hatte:
Die zugebundene Muelltuete war draussen zwischengelagert worden und roch fuer den kleinen Racker bestimmt nach einer lohnenden Mahlzeit. Er ist also alle ca. 14 Stufen der Veranda hochgekrackselt, nur um nach freudigem Aufreissen der Tuete wie ein 5 jaehriger am Heiligen Abend in mein juedisches Sauerbrot zu beissen. Das hatte ich gekauft, weil es eines der wenigen Brote im 200 Fuss langen Brotregal des Supermarktes war, das nicht die Konsistenz von Spongebob hatte. Man stelle sich also den Unmut dieses kleinen Streuners vor, und schon empfindet man eine gewisse Sympathie fuer den unglaublichen Wahnsinn, den er daraufhin mit dem Brot und allem anderen anstellte, was sich noch im Muellbeutel befand.
Also ist mein Ziel fuer die naechsten Wochen ihn einmal zu Gesicht zu bekommen, um ihn dann mit einem freundschaftlichen Nicken und einem beidseitigen Augenzwinkern wieder in das Unterholz des Dschungels hinter unserem Haus verschwinden zu lassen.
Montag bekam ich beim Telefonat mit meiner Versicherungstante den Tipp, dass hier im Port Jeff Village Center ein ‘Defensive Driving Course’ stattfinden wird, der mir 10% an meiner Premie spart! Der Kurs fand in diesem Gebaeude
direkt am Hafen und keine 5 Minuten von meiner Haustuer statt und sollte fuer 6 Std. an zwei Abenden nur 28 Dollar kosten.
Zack! Angemeldet und sogleich das Schlimmste erwartet! Vielleicht wuerde es ja ein weiterer vergnueglicher und kurzweiliger Abend mit jeder Menge blutigen Unfallvideos und einem herzlichen Wiedersehen mit John (aka Jim), dem nuschelnden Besoffski und dem grauen Steroid-Junkie geben!
Verdammt! Gut, dass ich nicht so viel Zeit hatte, mich auf dieses Ereignis zu freuen!
Ich bin also puenktlich von Festo abgehauen, hab mich zu Hause kurz aus der ersten Geige geschaelt und schon sass ich wieder im Dodge und liess ihn den Berg runter Richtung Hafen blubbern.
Am Telefon hatte man mir nahegelegt aufgrund meiner verspaeteten Anmeldung lieber etwas frueher da zu sein. Also war ich wieder mal der erste…
Das Village Center ist eine Mischung aus Galerie, Museum und Veranstaltungsgebaeude. An den vielen offenen Tueren standen Schilder, die die gesamte Palette einer gut sortierten Volkshochschule abdeckten - von Yoga bis Debattierkurse gab es alles.
Der fuer meinen Kurs vorgesehene Raum lag im dritten Stock und die bis zum Boden reichenden Fenster zeigten genau in Richtung Bucht. So vertrieb ich mir also die naechsten 10 Minuten damit, mir den wunderschoenen Sonnenuntergang ueberm Hafen anzugucken. Man kann wirklich schlechter warten…
Der naechste der kam, war ein etwas kleinerer Mann mit Aktentasche und Schnauzbart. Nachdem wir die amerikanische Begruessungszeremonie abgehakt hatten, schaute ich wieder aus dem Fenster und er began damit, am Fernseher rumzubasteln. Keine 3 Minuten spaeter kam dann mein neuer Kumpel Reshe (oder so). Ein etwas verschwitzter und geduckt gehender Osteuropaeer, der seine Unsicherheit in diesen unbekannten Gefilden nicht verbergen konnte. Seinen andauernden Fragen hatte ich aber zu verdanken, dass ich herausfand, in welchen Buero ich meine Startgebuehr bezahlen musste.
Unser baertiger sizilianischer Lehrer namens Chuck Perrone (gesprochen Peroni) verteilte Hefte und Formulare auf allen Tischen und ich began mich zu wundern, ob er wirklich so viele Leute erwartete. Freak overload! Das konnte ja heiter werden…
Und tatsaechlich fuellte der Raum sich langsam mit allerlei normalen Gestalten jenseits der 50. Ich sollte in diesem Kurs wohl der juengste Teilnehmer des Feldes werden. Alle wurden von Chuck freundlich und mit genau der richtigen Menge an smalltalk und halbwitzigen Spruechen begruesst, ueber die meist nur er selber herzlich und ziemlich laut lachte. Neben mir nahm ein ergrauter Mexikaner mit seiner Frau Platz, mit denen ich mich an diesen beiden Tagen noch das eine oder andere mal ganz nett unterhalten hab. Angeblich kannte sie mich irgendwoher… Das konnte aber einfach nicht stimmen. Er hatte jedenfalls die Schwingen der Airforce mit der Unterschrift *AIRBORN* auf seinen rechten Oberarm taetowiert. Ich musste ziemlich oft an TopGun denken, waehrend dieser 6 Stunden.
Es sollte nun also losgehen.
Das erste was Chuck von sich gab, nachdem sich seine Miene verfinsterte, war, dass wir gar nicht erst anfangen sollten zu glauben, dieser Kurs wuerde auch nur das kleinste bisschen mit den 5 stuendigen Weicheierkursen zu tun haben, in denen man ein paar Filme aus dem letzten Jahrhundert gezeigt bekommt und in denen nichts passiert, ausser der Beleidigung des Intellekts.
Pow!
Das sass! Alles guckte sich verstolen um… Nur ich laechelte leicht in mich hinein.
Chuck – NYPD Officer a.D., ehemaliger Gefaengniswaerter, Personenschuetzer des Prinzens vom Brunei und einer der ersten Helfer am Ground Zero – hatte mit einer rhetorischen Finesse erreicht, was er wollte. Man hoerte ihm zu.
Was folgte war ein ziemlich lockerer Kurs, in dem Chuck die Leute bei der Stange hielt, indem er sie immer wieder mal etwas fragte und ziemlich viele Meter durch den Raum machte.
Wer von uns erinnert sie nicht an die vielen Schulstunden, in denen der Lehrer die Klasse etwas vermeintlich Einfaches fragte und jeder mit den Jahren so seine eigene Technik entwickelte, ploetzlich und sagenhafterweise zu versuchen, praktisch unsichtbar zu sein, um ja nicht dranzukommen? Ohne sich auch nur im geringsten mit der Frage an sich auseinanderzusetzen.
Nicht so in diesem Kurs. Die reiferen Mitbuerger jeglicher Herkunft und gesellschaftlicher Stellung schnipsten mit den Fingern wie 6 Jaehrige im Wettstreit um den naechsten Lehrersticker in ihrem Hausaufgabenheft, nur um mit Stolz aufgerichtet und einer kleinen Atempause (schliesslich hatte man 5 Minuten versucht Chucks Aufmerksamkeit mit allerlei Roecheln und Husten auf sich zu lenken) von seinen gefaehrlichen Abenteuern im US Strassenverkehr zu berichten.
Freunde? Fuer diese Show haette man auch wirklich mehr nehmen koennen als 28$. Soviel steht mal fest!
Erinnert ihr euch noch an meinen Kumpel Reshe von vorhin? In einer 10 minuetigen Pause in der alle losrannten, um den Soda- und Suessigkeitenautomat im Ergeschoss zu pluendern, schaffte er es mir mit seiner fortwaehrenden Frageerei ein Gespraech anzuhaengen.
Er fragte mich also aus, was ich so mache und woher ich komme und als ich dann nicht anders konnte, als ihn nach seinem Beruf zu fragen, fing er an so geheimnisvoll in seiner gehaekelten Weste zu kramen wie der Typ aus der Sesamstrasse, der Groby ein A verkaufen will. Pschschschsch,...leise!
Wie in der “mein Haus – mein Auto – meine Yacht”-Werbung knallte er mir dann sogleich und in schneller Folge zwei Visitenkarten auf den Tisch. Er war also Grundstuecksmakler und Autoverkaeufer in Personalunion! Nicht uebel! Als ich ihm in meinen Augen ziemlich freundlich mitgeteilt hatte, dass ich hier weder Haus noch Auto suchte, sammelte er die Karten schnell wieder ein und zog sich rueckwaerts mit vielen Verbeugungen zurueck.
Ich geb zu, ich war irritiert…
Der Rest des Kurses und auch der zweite Teil am darauffolgenden Dienstag verliefen ohne weitere Zwischenfaelle. Man kann sagen, dass dieser Kurs zwar anders, aber nicht weniger unterhaltsam war, als der letzte.
Hier machste was mit.
Morgen steht ja bei euch Vatertag an! Die Amis im Buero waren begeistert von diesem deutschen Feiertag und zugleich kam wieder einmal die Diskussion auf, wie unfair es doch sei, dass die Deutschen so granaten viele Urlaubstage haben. Einen Tag damit zu verbringen mit einem Bollerwagen voll Schnapps und Bier durch die Gegend zu ziehen stiess hier jedenfalls auf grosse Zustimmung!
Kommendes Wochenende will mein Mitpraktikant Cornelius mit einem Kumpel und dem Auto nach Washington DC fahren. Montag ist Memorial Day und ein grosses Bikertreffen wird diese Stadt aus allen Naeten platzen lassen. Das ist noch das einzige, was mich davon abhaelt, sofort zuzusagen.
Wir werden sehen, was passiert.
Puenktlich zum Ende dieser Arbeitswoche soll auch die neue Digitalkamera eintreffen. Das wuerde passen.
Ich wuensche euch allen ein tolles und entspanntes Partywochenende!
An Gecksen aus Hamburg nochmal Glueckwuensche zum Diplomwirtschaftsing. und schoene Gruesse an Rantzow die alte Eule, mit dem ich auch nachts noch wunderbar chatten kann und der mich immer mit guter Musik versorgt! ;)
*Gute Nacht!*
Euer Willo
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